Halle-Neustadt

Die Passendorfer Kirche in Halle-Neustadt

Der Vorgängerbau unserer Kirche ist 1565 fertig geworden. Der spätgotische Schnitzaltar ist noch älter: Er stammt etwa von 1510. In welcher Kirche er ursprünglich gestanden hat, weiß niemand mehr zu beantworten. Der Taufstein trägt das Jahr seiner Entstehung als Inschrift: 1658.

1720 bis 1723 wurde diese Kirche gebaut, die zum jetzt wiederentdeckten Merseburger Barock gehört, einer fast vergessenen eigengeprägten Richtung jener Zeit. Während in anderen Regionen ein höfischer Stil vorherrschte, findet sich in den damals gebauten oder neu ausgestalteten Kirchen des Merseburger Landes ein bürgerliches Barock. Diese eigenwillige Richtung zeigte sich in der Stadt genauso wie in den Dörfern ringsum. Jedes Dorf erhielt seine charakteristische Kirche, seinen kulturellen Mittelpunkt. In dieser Kunst drückte sich die pietistische Prägung aus, aber auch der verspiele Formenreichtum des Barock. In der Passendorfer Kirche war Christian Trothe am Werk, der älteste der Künstler- und Architektenfamilie Trothe, die nach der Familie Hoppenhaupt das Merseburger Barock bestimmte. Unsere Kirche wurde von C. G. v. Goldstein in Auftrag gegeben und vom Baukörper über den Stuck bis zu den Schnitzereien aus einem Guss gestattet. Die Deckengestaltung und die Patronatsloge sind die sichtbaren Zeugen dieser Zeit.

Vom damaligen geschnitzten Inventar ist die Lesetaufe komplett erhalten geblieben, alles andere sind nur noch bruchstückhafte Erinnerungen. Schon damals gab es Gestaltungsprobleme: Der spätgotische Schnitzaltar „passte” nun nicht mehr und wurde auf die Empore verbannt. Er steht heute als Leihgabe in der katholischen St. Moritz-Kirche in Halle. „17′ J’ C R’ 21” steht bis heute auf dem Sims oben über dem Altarraum: „Jesus Christus Rex” – „Jesus Christus ist König”. Diese Erinnerung, wer der Herr der Kirche ist, bleibt auch in Zukunft aktuell.

1877 wurde eine grundlegende Sanierung und Neugestaltung abgeschlossen. Seitdem hat der Turm seine heutige Gestalt. Die Gruft unter der Kirche wurde verschlossen. Die Empore, die Orgel und die Bänke stammten aus dieser Zeit.

1964 war die Grundsteinlegung für Halle-Neustadt, das anfangs „Chemiearbeiterstadt Halle-West” hieß. Passendorf sollte eigentlich ganz von der Bildfläche verschwinden. Es blieb dann doch in Rudimenten stehen. Die Kirche wiederum sollte mit der sozialistischen Neubaustadt nichts zu tun haben, sondern „im Dorf” bleiben. Aber die alte Dorfkirche wurde zur Kirche der Neubaustadt gegen die ursprüngliche Intention der Planer bzw. ihrer Ideologen!

Seit 1965 wurden Hausbesuche gemacht, um die zugezogenen Gemeindeglieder zu sammeln. Der 1. August 1967 ist das „offizielle” Gründungsdatum der Gemeinde.

1969-72 wurde die Kirche instand gesetzt und renoviert und als der größte und wichtigste Gemeinderaum der neu entstandenen Gemeinde ausgestattet. Der Kanzelaltar, die Orgelempore und die Orgel wurden abgebaut. Die von unten beheizten Kalksandsteinplatten des Fußbodens, das bewegliche Gestühl und das Turmzimmer (kann zurzeit aus Brandschutzgründen nicht als Versammlungsraum genutzt werden) sind Neuerungen, die wir seitdem genießen.

1977 wurde die Kirche unter Denkmalschutz gestellt. Seit 1991 hat sie ein neues Dach. Seit 1993 bemühen wir uns darum, die Ursachen für das Anwachsen der Risse zu beseitigen. Die dazu erforderlichen Arbeiten am Kirchenschiff wurden durch Schwammbefall sehr umfangreich, erst 1998 wurde dieser Bauabschnitt beendet. 1998 konnten auch Arbeiten im Innenraum durchgeführt werden, die Patronatsloge und die Stuckverzierungen der Decke wurden saniert. Ein neues Deckengemälde des Malers Michael Schwill wurde angebracht.

2003 konnte der Kirchturm umfassend saniert werden, auch hier war durch Schwamm im Schwellenkranz dringender Handlungsbedarf gegeben. Seit dem 11.08.2003 kündet die neu vergoldete Turmkugel vom erfolgreichen Abschluss der Arbeiten. Sie enthält Dokumente vom Kirchbau 1723, von Renovierungen 1822 und 1877 und einen Bericht zur Gemeindesituation 2003.

Die Sanierung der Außenhaut und des Eingangsportals wird erst in einem späteren Bauabschnitt zu leisten sein.

Bemerkenswerte Details in und an der Kirche:

  • die Hochwassermarken an dem Türgewände zur Sakristei
  • die Grabplatte der Goldsteins in der Sakristei
  • die in die Außenmauern eingelassene Grabplatte
  • der Gedenkstein mit Baudaten an der Nordwand des Turmes
  • die Sonnenuhr an der Südseite des Turmes
  • die Eidechse aus dem Jahr 1996

Ein kleiner Einblick in die Schönheit der Passendorfer Kirche

Standort Kirche Passendorf